prosa

Inhalt:

  • die junge frau liegt aufgestützt
  • Kaleidoskop
  • die claims werden abgesteckt
  • und sie singen zusammen
  • manchmal denkt er
  • das kleine mädchen

die junge frau liegt aufgestützt auf ihrem rechten arm im feuchten sand und läßt sich von der verebbenden gischt belecken, vom zurückfließenden wasser unterspülen, vom nachrieselnden sand wieder einbetten. die letzten sonnenstrahlen schaukeln, wiegen sich schläfrig auf den wellen, klimpern dem tage ihr lebewohl zu. die junge frau zeichnet selbstvergessen mit ihrer linken kreise, spiralen, verschlungene ornamente, beginnt nach jedem wellenschlag unverdrossen die gelöschte tafel wieder mit ihren zeichen zu füllen, in die mitte eines labyrinthes setzt sie eine gehörnte schnecke als minotaurus, schon kommt theseus über das meer gefahren, ariadne die strahlende jungfrau reicht ihm das wollknäuel am eingang in die unterweltlichen gewölbe, das weitere weiß der held zu tun, auf naxos berührt mich dionysos im schlaf an der brust, wie kann ich noch daran denken, einem anderen mann anzugehören. im rhythmus einer kleinen trommel tänzeln, kreiseln, wirbeln ihre finger im sand freudig begrüßt sie ihren vater jiftach, als er von der schlacht siegreich heimkehrt, was ihm aus seinem haus als erstes entgegenkommt, hat er versprochen zu opfern. es ist immer die kleine tochter die ihrem papa entgegenläuft; bevor ich mich schlachten lasse gehe ich mit meinen freundinnen noch in die berge um von meiner kindheit abschied zu nehmen. ein rad zeichnet katharina und erinnert sich ihrer feurigen dialoge mit den philosophen, ach was sind männer doch schlechte verlierer, der kaiser bietet mir an, die erste frau nach der kaiserin zu werden, aber ich habe mich meinem himmlischen bräutigam versprochen, was schadet mir alle marter, ich höre schon die stimme komm nun meine geliebte und meine braut denn siehe die himmelstür ist dir aufgetan. helm und krone zeichnet jeanne und rezitiert lebt wohl ihr berge ihr geliebten triften, es sind diese stimmen die mich die rüstung anzulegen zwingen, nie wird der brautkranz deine locken zieren dir blüht kein lieblich kind an deiner brust, den dauphin führ ich nach reims zur krönung, danach folgen verrat folter verbrennung. marie-anne-charlotte spürt beim zeichnen eines messers noch einmal die kraft, mit der sie es dem bürger marat in die brust stößt, ich wollte meinem vaterland den frieden geben, ich hab mich selber auf das fallbrett gelegt, der zimmermann legros hat dann meinen kopf dem volk gezeigt und mich geohrfeigt, dass ich deswegen errötet sein soll kann ich nicht glauben, ich bin vor zorn rot geworden, aber das konnte der scharfrichter sanson wohl nicht so genau unterscheiden. einen davidstern zeichnet selma in den sand, das schwerste ist sich verschenken und wissen dass man überflüssig ist, sich ganz zu geben und zu denken dass man wie rauch ins nichts verfließt, mit rotem stift hab ich an jenem 23. dezember 1941 noch dazugefügt, ich habe keine zeit gehabt zu ende zu schreiben, dann hat mich die einsatzgruppe d aus czernowitz ins arbeitslager michailowka verschleppt, fast genau ein jahr hab ich durchgehalten. der wind wird stärker, er ein kälteschauer überfällt die frau, sie setzt sich auf und reibt sich warm, wickelt sich in eine decke. ein stern glänzt am nächtlichen himmel, schimmernd zittert ein lichtfaden auf dem meer, ich bin in sehnsucht eingehüllt, denkt sie, warum gerade ich und ihr kind hüpft vor freude in ihrem leib.

Kaleidoskop

 

Die Frau läuft durch den englischen Park, ihre Schritte lenkt sie in seinen verborgensten Winkel, sie hat sich gerade herzüber verliebt und ist übervoll von zärtlichsten Empfindungen. Hinausschreien will sie ihr Glück, die ganze Welt möchte sie umarmen, ganz hingegeben an den Augenblick, reißt sie sich die Kleider von ihrem glühenden Leib, rot leuchtet ihr lose um einen Arm geschlungener Umhang.

Der Mann ist geblendet von ihrer Schönheit, träumt er, ist es eine Elfe, hat er sich in einen Film verirrt? Er hält den Atem an, kneift sich in die Wange, es ist kein Traum.

Die Frau entdeckt ihn, erschrickt, bedeckt ihren Körper, lächelt ihm verlegen zu.

Seine Hand streckt er nach ihr aus und sie kommt auf ihn zu, ihr Zögern ermuntert ihn, seine Einladung nimmt ihr die Scheu und sie bietet ihm ihr pochendes, atmendes, nach Berührung lechzendes Fleisch dar, zum Verzehr freigegeben, deutet sie ihm und er schlägt seine Zähne in die köstliche Mahlzeit.

Geh niemals allein in einsame Gegenden, dort lauert Gefahr, hört sie die Muttergöttin predigen, sie schließt die Augen und spürt den Keuchenden, riecht die Bierfahne des Mannes ihrer Kinderzimmernächte. Lebenslänglich wird ihr vor Eiweiß ekeln, warum hat die Mutter nie etwas gesehen, Mama was hast du gewusst?

Er wird sein Leben lang nach jener Frau suchen, die ihn ins Knusperhäuschen gelockt hat. Komm her du lieber Bub, ich schenk dir Mariazell im Schnee, du musst es nur schütteln, ich schenk dir ein Kaleidoskop, du musst es nur drehen. Ich schenk dir mein Herz, du musst mich nur streicheln, ja das ist schön, wie gut du es kannst, ja berühr mich, küss mich mein Kleiner, wie stark du schon bist, wie zärtlich du sein kannst.

Und er wird kommen, sie anfallen, zu Boden werfen und ihr Gesicht bedecken.

Und es schmatzt grunzt schnauft und stöhnt hinter dem Gebüsch, die Raben eräugen anfallende Beute.

Nein, er wird er sie nicht zu Boden werfen, er wird sie zart an der Hand fassen, weil du so voller Liebe bist, wird er ihr zuflüstern, rennst du in die hintersten Winkel, du suchst den Schmerz, weil du dir gar nicht vorstellen kannst, dass es einen Menschen gibt, der dich so lieben könnte, wie du es dir ersehnst.

Ich werde dir die faltigen Gewissensqualen aus deinem Gesicht fächeln.

Die Reinheit wirft immer einen Hurenschatten, hört er sich sagen.

Die Frau läuft in den hintersten Winkel des englischen Parks, ans Ende der Welt möchte sie rennen und ungesehen den zerbrechlichen Schatz jener den missgünstigen Göttern entgangenen Augenblicke aus dem seidenen Umhang entbergen, die kostbaren Gesten, die kosenden Lippen, die berührenden Stammelwörter noch einmal erinnern.

Völlig unerwartet ist ihr das Glück der Liebe widerfahren, dass so etwas ihr passiert, hatte sie sich doch schon längst mit der Vergangenheitsform angefreundet und das Eswareinmal war ihr lieb geworden.

Das Herz will ihr bersten, da kommt der Mann und redet sie an und ist so hungrig und er ist so ausgezehrt und alle seine Gesten schreien nach Erfüllung.

Und er ist ihr Nächster und er ist unter die Räuber gefallen und er bedarf ihrer und sie gibt ihm, was sie hat.

In der Nacht kommt sie in das Bett des Mädchens, wärm mich, ich hab so kalt. Sie schmiegt sich an den kleinen Körper, es stellt sich schlafend, ihre Tränen rinnen über seine Haare. Mama, flüstert es, Mama wein doch nicht. Sie umarmen sich, der kleine Mund findet den großen Mund.

Er kann nicht einschlafen nach dem Sturz vom Felsen, der verstauchte Fuß schmerzt fürchterlich, diese Salbe nimmt die Schmerzen sagt der Trainer und schmiert ihm den Fuß ein. Seine massierenden Hände tun ihm wohl, überlagern den Schmerz, weiter kreisen sie, erforschen das Umland, streifen durch Gebüsch und Flur und entdecken jenseits des Horizonts das Land der Geysire und heißen Quellen. Die Schwefeldämpfe lassen sie in einen bilderreichen Schlaf fallen.

Kaum ist er wieder auf den Beinen, wachsen ihm Reißzähne, er sperrt sein Maul auf, um sie zu verschlingen, sein Atem wird zum Orkan, der sie aus ihrem Schifflein zu fegen droht.

Sie erwacht sie aus dem Schlaf und gebietet dem Sturm. Es tritt jene Stille ein, die als Seil über die Abgründe gespannt ist, darauf zu balancieren sie sich fortan verordnet.

Sie flüchtet vor den vollen Rundungen, vor den weichen Lippen, die sie sich verboten hatte die ganzen Jahre. Wie es in jenem Lied hieß, das sie beim Lagerfeuer in den Bergen sangen, vom jungen König und vom Reiterbuben, die sich jenseits des Tales begehren, solche Lippen sind das.

Als sich die Liebenden auf der Leinwand küssen, streift die fremde Frau neben ihr wie unabsichtlich an ihr Knie, sie kann, will nicht wegrücken, die Hände berühren sich, Finger tasten suchend über schaudernde Haut, alles ist so weich und warm, kein Bieratem, kein Eiweißgeruch.

Der Mann, der ihr in den Park folgt, soll ihr durch seine fordernden Küsse jene Sehnsucht überdecken, soll jenen Träumen ein Ende bereiten, es soll ein Text überschrieben werden, von dem sie zuvor heimlich eine Kopie gefertigt und diese schreibgeschützt unter einem Passwort abgelegt hat, wie dies die Mädchen zu allen Zeiten zu tun pflegten und die kleinen Buben auch.

 

(2007) Kaleidoskop in: Reibeisen, Das Kulturmagazin aus Kapfenberg, hg. vom Europa-Literaturkreis Kapfenberg, Nr. 24, Jahrgang 2007, 99;

 

die claims werden abgesteckt

die reviere markiert die autos gegen ungebetene gäste in form der alten wagenburgen am rand des territoriums geparkt heringe werden ins erdreich getrieben hell klingen die hammerschläge in die mittagsruhe zelte werden aufgeschlagen bikinis und badehosen angezogen alle vorbedingungen für einen ordentlichen sonnenbrand erfüllt tische und sessel aufgeklappt wäscheleinen gespannt exakt berechnet der abgrenzungseffekt der sich durch nasse handtücher ergeben wird stromkabel werden verlegt man will ja auch im urlaub nicht auf die elektrische zitruspresse verzichten hier im süden schmeckt der frischgepresste saft aus sonnengereiften orangen unvergleichlich besser und man weiß auch was im glas ist, dort und da eine transportable satschüssel justiert die kinder sitzen schon ungeduldig vor den fernsehern die kühlschränke werden mit mitgebrachtem geladen den babies werden planschbecken mit wasser gefüllt schlauchboote luftmatratzen aufgepumpt fahrräder von den dachträgern gehoben gaskocher angeschlossen für die ersten streitereien mit den nachbarn ausgiebig argumente gesammelt kurzwellensender auf die heimatlichen wellen konditioniert die mobiltelefone getestet der horizont nach sendemasten abgesucht holzkohle und grillanzünder bereitgestellt um die zelte werden wassergräben gezogen plastiksäcke als mistkübel definiert die obligate gusseiserne pfanne für steaks ausgepackt federballschläger bälle bocciakugeln angelzeug strandmatten badesandalen überlebensmesser sonnenhüte aus dem kofferraum geholt sonnensegel gesetzt die ersten bierflaschen geleert die schreienden kinder verwarnt der hund angepflockt die schlafsäcke ins innenzelt gestopft salat gewaschen dazwischen ein hansalbersblick unter fremden sternensummend auf die see geworfen die hotelmenschen bedauert in ihrer lächerlichen zivilisationsverhaftetheit in die aufgeschnittenen würstel wird käse eingelegt mit speck umwickelt mit zahnstochern fixiert und eine strecke auslegt sich urzeitlicher jagdbeute erinnernd ketchup und senf bereitgestellt gurken geschält essig und öl verzweifelt gesucht ein kleines kind mischt indessen ins spiel versunken den salzvorrat mit sand schüttet limonade dazu und beginnt einen teig zu kneten die küchenrolle ist unauffindbar dosen werden geöffnet babys trockengelegt und gestillt katzen gefüttert kinder stolpern über zeltschnüre heringe werden aus dem boden gerissen schreianfälle werden mühsam unterdrückt schürfwunden gereinigt pflaster geklebt tränen getrocknet schweiß von der stirne gewischt die kinder in die zelte gejagt fernsehverbote werden ausgesprochen auf den tischen gelsenlichter entzündet der wind verteilt den beißenden rauch der grillfeuer einer endlosen reihe von stellplätzen sie würden für die halbe amerikanische prärie reichen aber nur das eigene feuer zählt und der sternenhimmel die umgebung wird ausgeblendet in den männern glost die sehnsucht nach den abenden am lagerfeuer ihr gang wird zusehends breitbeiniger nach einem langen ritt durch die prärie fallen sie todmüde von den pferden salzverkrustet und staubbedeckt die sehnsucht nach wasser nach einem bad im fluss lässt sie alles andere vergessen die aufgesprungenen lippen schlürfen gierig die letzten tropfen aus dem wasserbeutel und wenn dann nach dem erdverbundenen abnagen der letzten rippchen sich die männer zum gemeinsamen umtrunk sammeln kommen sie eine tagereise weit aus einer anderen welt ihrer eigentlichen heimat aus einsamkeit staub und gestank sie lümmeln am tresen schauen den frauen beim geschirrspülen zu aus der hildegard wird die lola aus der brigitte die susie an ihren hüften klebt das begehren eines endlosen rindertriebes von santa monika nach laremy mit den geschichten von den dirnen den willigen frauen mit denen sie die lodernden flammen in den endlosen nächten schürten am brennen hielten bis eine wiskeyschwere hand das feuer löschte und schweratmende cowboys von schöneren sünden träumten in ihren blusen t-shirts bikinioberteilen verfangen sich ihre blicke ärmellöcher und verrutschte ausschnitte knapp sitzende höschen weiten die pupillen die vergilbten marschbefehle werden hervorgekramt und zur rechtfertigung vorgetragen die frauen wollten es so und alles zickige getue sei nichts als herausforderung in wahrheit zähle ja bei ihnen nur ein mann der es ihnen ordentlich besorge und wenn es dann kühl wird die lichter herabgebrannt sind schleichen sie stolpern über nachttöpfe schwimmreifen limonadeflaschen in die zelte zu ihren längst schlafenden frauen streicheln kneifen lecken sie wach schlaftrunken werden die alten rechnungen beglichen sei doch nicht so laut die kinder könnten uns hören die nachbarn sind noch wach psst hör treiben die es neben uns das könnt ich nie und in jedem zelt sehnt sich ein mann nach den geschichten am lagerfeuer und dass sie ein einziges mal wahr würden

und sie singen zusammen

der franz und der hans und es ist wie es früher war es geht ums dirnderl es geht ums liabhobn und jeder jodler kündet von jauchzender erfüllung und sie sind das volk der hans war sparkassendirektor und der franz holzarbeiter in der stüll in der ghoam singen sie schleicht da vetter zu der moahm  und um die bank vor der hütte versammeln sich köhler holzfäller förster jäger bauernmädchen sennerinnen mägde wirtstöchter wenn ich mich richtig erinnere war es gott der die liebe erschuf und die leidenschaften und deine lust nach mir und meine gier nach dir und das paradies haben wir uns selbst vermurkst und sie singen zusammen der franz und der hans und es ist wie es früher war es geht ums dirnderl es geht ums liabhobn und jeder jodler kündet von jauchzender erfüllung und vom heimschleichen in der früh und sie sind das volk und der hans war sparkassendirektor und der franz holzarbeiter in der stüll in der ghoam singen sie s’dirndl is kloan kann net schlafen alloan und alle spüren die stimmen ihres blutes und die gstanzeln fliegen hin und herüber neue vierzeiler werden gedichtet wein und schnaps ausgeschenkt und die mädchen erröten wie es sich gehört bei den derben scherzen und die sonne sinkt man rückt näher zusammen die burschen machen sich hoffnungen die mädchen zählen insgeheim ihre tage ein feuer wird entzündet die lieder werden inniger leiser wangen glänzen im lichtschein immer wenn sie diesen mann ansah wurde ihr ganz schlecht vor erregung sie musste dann schnell aufs klo er verzog nur ein wenig den mund ich krieg dich baby so ist es dann auch gekommen und sie singen zusammen der franz und der hans und es ist wie es früher war es geht ums dirnderl es geht ums liabhobn und jeder jodler kündet von jauchzender erfüllung und vom heimschleichen in der früh und sie sind das volk und der hans war sparkassendirektor und der franz holzarbeiter in der stüll in der ghoam singen sie s’dirndl hot gsagt i soll keman auf d’nocht sie hots betterl weiß bett und’s türl aufgmocht und der wein erhitzt sie finger hände erinnern sich verschwiegener pfade im dunkeln begeben sich auf wanderschaft ich halt es nicht mehr aus ich bin doch nicht seine leibschüssel kupplung gang rein gas so funktioniert das nicht bei mir auch nach so vielen jahren will ich bemerkt werden ich reiß dieser brünstigen geiß die die haare aus ich renn ihm ein messer in den bauch und sie singen zusammen der franz und der hans und es ist wie es früher war es geht ums dirnderl es geht ums liabhobn und jeder jodler kündet von jauchzender erfüllung und vom heimschleichen in der früh und sie sind das volk und der hans war sparkassendirektor und der franz holzarbeiter in der stüll in der ghoam singen sie es geht alles in der stüll wenn ma wüll

 

manchmal denkt er

kennt er sich nicht wieder bei seiner geburt gab es in seinem elternhaus noch kein elektrisches licht keine straße führte zum bauernhof natürlich gab es bis in die sechzigerjahre keinen traktor kühe wurden als zugtiere verwendet wären da nicht die sentimentalen erinnerungen an den krieg gewesen und die schicksale der auswanderer nach amerika er hätte ebensogut ein jahrhundert früher auswachsen können und es wäre wohl das gleiche leben gewesen die gleichen geschichten im schatten wenn das heu zur mittagszeit trocknet das strenge zeremoniell der fronleichnamsprozession die totenwachen das sauabstechen das fensterln die umherziehenden bettler ohne die neujahrsgeiger fängt kein jahr gut an das blochziehen mit den furchterregenden gestalten die maiandachten wäre das nicht das radio und freddy quinn ohne das meer gesehen zu haben kennt er jene sehnsucht es kommt der tag da will man in die fremde denn der vater bekommt glänzende augen dort wo man lebt scheint alles viel zu klein und seine frau fährt ihm durchs haar und läßt ihn fährt ein weißes schiff nach hongkong summen sie weiß aufwachen aus seinen träumen wird er in ihren armen und er wird sie begehren der tod erst wird sie scheiden aber dann in weiter ferne hab ich sehnsucht nach zu haus und ich sag zu wind und wolken nehmt mich mit ich tausche gerne all die vielen fremden länder gegen eine heimfahrt aus und er füttert vergnügt seine kühe mäht seine wiesen stapft schwitzend hinter seinem pflug sät sein korn und geht am sonntag in seine kirche und sein bub hört ihn die alten schlager singen und pfeifen das war meine kindheit denkt er die träume der seeleute die sehnsucht der legionäre und die freiheit der matrosen

 

das kleine mädchen

wünscht sich ein märchen eines erfinden ist wohl die schönste form des schreibens es ist so viel dabei zu bedenken nicht mit dem kopf ein märchen muss im herzen ersonnen werden und du musst ein ganz bestimmtes mädchen vor augen haben und es nur für dieses mädchen schreiben ist das mädchen ein kleines freches rabenvieh dann musst du ein ernstes ein trauriges märchen in dir suchen ist es ein stilles mädchen dann nimm alle deine kräfte zusammen und gib sie seinem ebenbild und zeig ihm wie stark es sein kann aber nicht direkt märchen haben keine moralisierenden zeigefinger sie haben überhaupt keine moral von einem mädchen mit roten haaren von einem schielenden buben erzähl erwähn dass er eine zahnregulierung nötig hätte oder immer wieder vor angst in die hose macht erzähl dass auch stotternde mädchen und besonders zappelphilippinen die heldinnen der märchen sein können und hinter dem sarg nachgehen müssen in dem ihre mutter liegt die sich vor den zug geworfen hat weil ihr mann zu ihrer kindergärtnerin beate gezogen ist am offenen grab hat das kleine mädchen ihrer bleichen mutter versprochen die beiden wieder auseinander zu bringen und das war nicht bloß so hinversprochen es hat gleich am friedhof damit begonnen die kindergärtnerin beate aufs innigste zu lieben und zu ihr ab sofort mama zu sagen und hat den papa bestürmt und bedrängt die beate seine neue mama doch ins haus zu holen und wie glücklich es war hat sie den beiden deutlich gezeigt so einfach hatten sie es sich mit dem kleinen mädchen nicht vorgestellt verliebt wie sie waren merkten sie nicht dass das kleine mädchen täglich beim nachhauseweg von der freundin im friedhof beim muttergrab weinte und seine mama nicht vergessen hatte aber davon hatten wie gesagt der vater und seine beate wirklich keine ahnung als das mädchen einmal einen wirklich sehr schönen pulli seiner mama aus dem kleiderschrank holte und beate vorschlug ihn doch anzuziehen war beate ganz gerührt und sah in diesem vorschlag einen weiteren beweis dafür dass das kleine mädchen über den tod seiner mama hinweg sei und beate trug ihn ihm zuliebe eine zeitlang später deutete das mädchen an wie gut seiner neuen mama beate doch blond stehen würde und auch dieses wurde dem kleinen mädchen erfüllt so ging es weiter und binnen weniger wochen hatte das kleine mädchen die neue mama beate zu einer bis in die gesten und in den tonfall hinein perfekten nachbildung der verstorbenen mama gemacht wie schuppen fiel es dem mann von den augen als er eines abends beim fernsehen sie zu küssen versuchte und sie nicht jetzt liebling antwortete genau jene worte die ihn seinerzeit in die arme der kindergärtnerin getrieben hatten und da wirst du dann einbekennen müssen wie schwierig es ist ein märchen zu schreiben das auch gut ausgeht denn es hatte nun das kleine mädchen zwar seinen vater zurückerobert und eine böse stiefmutter ausgeschaltet aber weit und breit trabt kein prinz auf einem feurigen rappen heran und wie willst du sonst dein und wenn sie nicht gestorben sind anbringen